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geschrieben stehe, ganz beträchtlich, ja sie schwankt eigentlich immer, denn Niemand kann sicher wissen, ob nicht etwa mancher aus Goethe viel citierte Spruch seine Form oder seinen Inhalt befreundetem oder anderem Einfluss verdankt. Und dennoch bleibt er ein "geflügeltes Wort" aus Goethes Werken, denn für uns steht er bestimmt da zuerst geschrieben, wenn sich keine ältere Parallelstelle nachweisen lässt. Parallelstellen finden aber nur dann Aufnahme, wenn sie für die Genesis oder für die Wandlungen des "geflügelten Wortes" von wesentlicher Bedeutung sind; während Parodien nur dann eingeschaltet werden, wenn deren Urheber erweislich ist. Die zweite Bedingung, die Beantwortung der Frage, ob ein Wort so allgemein geworden ist, dass es "geflügelt" genannt zu werden verdient, lässt sich nur durch Beobachtung und Umfrage lösen. Von vornherein muss sich Jeder vor dem Irrtum hüten, als ob ihm und seinen besonderen Kreisen geläufige Worte deswegen allein schon geflügelte Worte seien, und als ob ein ihm nicht geläufiges, vielleicht gar nicht bekanntes Wort deswegen aus der Reihe der geflügelten Worte zu streichen sei. Obwohl Mancher daran zweifelt, giebt es dabei doch recht untrügliche Proben. Wird nämlich ein Wort von unbelesenen Leuten überhaupt, oder von vielen Gedächtnisschwachen falsch, oder von mehreren Witzigen in übertragener Bedeutung angeführt, dann ist es gewiss ein "geflügeltes"; ist es aber vielen belesenen und gedächtnisfrischen Leuten fremd, dann ist es schwerlich "geflügelt". Mit blossem Taktgefühl oder ästhetischem Belieben kommt man bei diesem Werke nicht weiter. Der Begriff des geflügelten Wortes zieht dem Sammler strenge Schranken, und es wäre allerdings viel bequemer, dem Buche durch hineingesprengte Citate eigener leicht-*
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