Aronsson Datateknik

Titel: Geflügelte Worte.
Der Citatenschatz des deutschen Volkes
Autoren: gesammelt und erläutet von Georg Büchmann.
Fortgesetzt von Walter Robert-tornow
Ausgabe: Neunzehnte vermehrte und verbesserte Auflage.
Berlin, Haude & Spener'sche Buchhandlung (F. Weidling), 1898
Druck: G. Keysing in Leipzig
Digitalisierung: Aronsson Datateknik (Lars Aronsson), Linköping, Schweden, 2005,
zusammen mit Karl Eichwalder, Nürnberg,
und Project Gutenberg's Distributed Proofreaders
Seite: 53<< vorigenächste >>Übersicht

Scanned image

Seite: 53<< vorigenächste >>Übersicht


Ein alter Reimspruch:

/*
Was du nicht willst, das dir geschieht,
Das thu' auch keinem andern nicht,
*/

oder:

/*
Was du nicht willst, das man dir thu',
Das füg' auch keinem Andern zu,
*/

ist die Umformung von Tobias 4, 16: "Was du nicht
willst, das man dir thue, das thue einem Andern auch
nicht", (vrgl. Matth. 7, 12 und Luk. 6, 31.) Man nimmt
an, das Buch Tobiae stamme aus dem ersten vorchristlichen
Jahrhundert, und so könnte man diesen Spruch auch auf
den Rabbi <sp>Hillel</sp> zurückführen, der von 70 vor bis 10
n. Chr. lebte. Nach dem Talmudtraktat Sabbath (fol. 31 a)
hat nämlich dieser Synedrialvorsitzende und Mischnalehrer
einst einem Heiden, der ins Judentum aufgenommen
werden wollte, gesagt: "Was dir unlieb ist, füge deinem
Nebenmenschen nicht zu; das ist das ganze Gesetz u.s.w."
Wir citieren das Wort auch lateinisch nach <sp>Lampridius</sp>
(51), welcher vom Kaiser <sp>Alexander Severus</sp> ([*dagger] 235
n. Chr.) berichtet: "Er rief öfter aus, was er von einigen
Juden oder Christen gehört und behalten hatte:

/*
Quod tibi fieri non vis, alteri ne feceris,
*/

liess es, wenn er jemanden rügte, durch den Ausrufer
ausrufen, und liebte diesen Spruch so, dass er ihn sowohl an
seinen Palast wie auch an öffentliche Gebäude anschreiben
liess". Doch hätte der Kaiser diese Weisheit auch von
den Heiden erfahren können: denn schon im 4. Jahrh.
v. Chr. sagte <sp>Isokrates</sp> (3, im Nikokles, 61) [Greek: ha paschontes
huph eterôn orgizesthe, tauta tois allois mê poieite.]
(Worüber ihr zürnt, wenn ihr es von andern erleidet, das
thut den andern nicht.) Der Spruch findet sich ferner
im <sp>Seneka</sp> (ep. 94) und in der syrischen Redaktion 

Seite: 53<< vorigenächste >>Übersicht


Valid HTML 4.0! — 100% Holzfreier Webplatz — 18. März 2005