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im Gegenteil oft genug mit dem Staube der Alltäglichkeit zu thun. Zieht Jenen vielleicht gerade das Ungewöhnliche und Seltene an, so ist er verpflichtet, auf das Gewöhnliche und Gebräuchliche sein Augenmerk zu richten, mag er sich auch oft daran erfreuen können, dass das Gebräuchliche zugleich ein tiefer, schön ausgeprägter Gedanke ist. Nicht der gediegene Inhalt nämlich macht Worte zu geflügelten, sondern der oft zufällige Eindruck auf einen grösseren Kreis von Lesern und mehr noch von Hörern. Die Kanzel, das Theater, das Schulkatheder, die Rednerbühne, der Gesang, die Zeitschrift sind die Vermittler derselben. Daher kommt es, dass die dramatische Litteratur ihrer mehr liefert, als die lyrische oder die epische, und dass aus der lyrischen Poesie mehr solche fliessen, die komponiert worden sind und gesungen werden, als andere. Daher kommt es auch, dass mancher Liebling des Volks und der Musen in diesem Buche unvertreten bleibt, und dass Meisterstücke der Lyrik, ausgezeichnete Romane, überhaupt Werke, die in den seltenen Stunden stiller Weihe die Seele erquicken und deren Publikum stets der einzelne Mensch oder höchstens ein traulich geschlossener enger Kreis ist, eine überaus geringe Ausbeute zu den geflügelten Worten geben. Diese entstehen auf dem Markte des Lebens und im Strudel der Öffentlichkeit. Viele werden das Werk nur als Nachschlagebuch wert halten und benutzen, Manche jedoch werden den in ihm behandelten Stoff tiefer fassen als eine Hilfswissenschaft zur Erkenntnis des Seelenlebens der Völker. Diesen, unseren eigentlichen Lesern kann es nicht darauf ankommen, sich zu merken, wie man richtig zu citieren habe, geschweige auf oberflächliche Vielwisserei; sondern ihre Grundfrage wird lauten: "Welche geistigen Strömungen haben Deutschland im 19. Jahrhundert befruchtet?" "Und was hat Deutschland an die anderen Nationen weitergegeben?"
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